BERICHT

Eine Investition in die Zukunft

Warum Ottenstein und Heyen der Energie GmbH beitreten - und Halle nicht
Text: Sabine Weiße

Heyen (saw). Ottenstein/Heyen. Mit Manfred Weiner und Michael Zieseniß saßen zu Wochenbeginn auch zwei Bürgermeister aus der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle mit am großen Tisch, als in Paderborn die Westfalen-Weser Energie GmbH & Co. KG (WWE) gegründet wurde. Mit den Unterschriften ihrer Bürgermeister übernehmen der Flecken Ottenstein und die Gemeinde Heyen nach entsprechenden Beschlüssen ihrer Kommunalparlamente - vergleichsweise geringe - Anteile an einer kommunalen Nachfolgegesellschaft der zum Verkauf anstehenden e.on Westfalen Weser AG. Konkret geht es dabei um den Rückkauf des Stromnetzes, dessen Wert mit rund 700 Millionen Euro beziffert wird und das sich bis 1999 in der Hand des kommunalen Regionalversorgers, des Elektrizitätswerks Wesertal mit Sitz in Hameln, befand. Beide Bürgermeister verbinden mit der Beteiligung an der WWE den Anspruch, „eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung für die Bürger zu gewährleisten.“ So formulierte es Bürgermeister Manfred Weiner in der jüngsten Ratssitzung im Ottensteiner „Sonnengarten“. Konkreten Einfluss auf die Preisgestaltung oder die Höhe der Konzessionsabgabe, die sich am Stromverbrauch einzelner Kommunen bemisst und alljährlich an diese überwiesen wird, haben die Aktionäre nicht.

 

Den Beschlüssen zum e.on-Rückkauf waren über Monate viele Beratungen vorausgegangen. Mächtig viel Papier, eng bedruckt im für Laien kaum verständlichen Juristen-Jargon, landete in den Vorlagemappen von Verwaltungen und Mandatsträgern, wurde vielfach kontrovers diskutiert. Für zuständig hatte sich in dieser Sache zunächst die Samtgemeinde Bodenwerder-Polle erklärt, wollte als Verhandlungsführer für sämtliche Kommunen auftreten. Kurz vor Toresschluss dann entschied die Samtgemeinde, dass sie sich nicht mehr fristgerecht am Verfahren beteiligen könne und es jeder Mitgliedsgemeinde selbst überlassen sei, sich – entsprechende Liquidität vorausgesetzt - ihren Anteil zu sichern oder nicht. Interessierte Kommunen mussten sich nun sputen, eilig entsprechende Sitzungen einberufen, Dutzende von Beschlüssen fassen und um Genehmigungen bei der Kommunalaufsicht nachsuchen.

 

Gerade einmal 0,03 Prozent der Aktien hält die Gemeinde Heyen, die damit der kleinste der insgesamt ??? Anteilseigner ist. „Zehn Prozent des Kapitals, das sind 19 990 Euro, sind sofort zu zahlen. Dieser Betrag ist im aktuellen Haushalt eingestellt und von der Kommunalaufsicht genehmigt“, so Michael Zieseniß. Die restlichen 90 Prozent – im Falle Heyens sind das rund 180 000 Euro – werden über ein Darlehn finanziert, das die WWE aufnimmt. „Und für das die Gemeinde Heyen eine Bürgschaft übernehmen muss“, so Zieseniß. Über die Rendite wird dieses Darlehn abbezahlt; bei gleich bleibendem Zinsniveau wird das in 25 Jahren der Fall sein. Mit 0,09 Prozent ist der Flecken Ottenstein mit von der Partie. Konkret bedeutet das eine aktuelle Investition in Höhe von 57 300 Euro sowie die Übernahme einer Bürgschaft über 412 700 Euro. Bei einer Renditeerwartung von zehn Prozent jährlich und einer Laufzeit von 25 Jahren „wächst“ die Anlage auf rund 650 000 Euro; bei nur acht Prozent Zinsen sind es rund 411 000 Euro. „In jedem Fall also eine Investition in die Zukunft“, so die Position Weiners. „Ich setze da Vertrauen rein. Es handelt sich um ein grundsolides Unternehmen und ein gut gepflegtes Stromnetz mit niedriger Ausfallquote“, so seine Einschätzung. Die Beteiligung des Fleckens Ottenstein eröffne „als Nebeneffekt“ die Möglichkeit, Erträge für den Haushalt zu erwirtschaften. Und: Die Wertschöpfung erfolge in unserer Region. „Stabilen Erträgen stehen lediglich überschaubare Risiken gegenüber.“

 

Auch der Rat der Gemeinde Halle hatte mit einem finanziellen Einstieg bei der WWG geliebäugelt – zumindest die WG-Mehrheitsfraktion. Auf 0,05 Prozent der Anteile hätte die Ithbörden-Kommune Anspruch gehabt. Eine Einlage in Höhe von 36 000 Euro wäre sofort fällig gewesen – „gar kein Problem für uns“, wie Bürgermeister Hermann Meyer unterstreicht. Wie sich allerdings die Bürgschaft über 360 000 Euro haushaltstechnisch darstelle, das habe ihm niemand beantworten können. „Wenn eine Bürgschaft zählt wie Schulden, wäre die Gemeinde Halle möglicherweise über Jahrzehnte finanziell eingeschränkt gewesen.“ Und dass die Bürgschaft die Kreditwürdigkeit der Gemeinde Halle nicht negativ beeinflusst, das habe ihm weder der Kämmerer der Samtgemeinde noch die Kommunalaufsicht des Landkreises Holzminden schriftlich zusichern können. „Das klare Nein der SPD und die Angst vor den Folgen dieser Bürgschaft haben den Rat letztlich veranlasst, von diesem finanziellen Engagement Abstand zu nehmen, das möglicherweise ein recht lukratives hätte sein können“, so Hermann Meyer.